Sinn und Zweck des Graduierungssystems
Warum brauchen wir ein Graduierungssystem?
Um etwas messen zu können, müssen wir einen Maßstab haben. Das trifft auf viele Lebensfragen zu. Wie oft stehen wir vor der Frage: Was ist richtig? Was ist falsch? – oder – Was ist normal? Muss ich mich überhaupt an eine Norm halten?
Antworten dazu finden wir schneller, wenn wir einen Maßstab anlegen. Soll es sich um Liter oder Kubikmeter handeln? Reden wir von Kilometern oder Meilen? Ich muss meine Vergangenheit kennen, um meinen zukünftigen Weg zu finden. Ich muss die Zukunft beurteilen können, erst dann kann ich entscheiden, wohin ich will. Ein Kleinkind geht zunächst in den Kindergarten, dann zur Grundschule. Für den jungen Menschen folgen weiterführende Schulen, Lehre oder Studium und vieles mehr.
Das erklärt den Aufbau unseres gesellschaftlichen Bildungssystems und diese Grundlagen erklären, warum wir ein Graduierungssystem haben. Wie in vielen anderen Bereichen, so gilt auch im WingTschun Rifo, dass man nicht einfach eine Prüfung ablegt und dann „kann man das schon“. Aus dem Berufsleben wissen wir, dass wir häufig erst nach Jahren einer abgelegten Prüfung sagen dürfen, dass wir etwas können. Das Können wird also über „Wiederholung mal Zeit“ erworben und nicht an dem einen Tag der Prüfung.
Standards festlegenEin Graduierungssystem zu haben bedeutet also, die eigenen – und mit zunehmender Erfahrung – auch fremden Standards erkennen zu können. Ein solches System muss in angemessener Weise praktiziert werden und für alle Schüler, deren Ausbilder und den Sifu verbindlich sein. Natürlich lauern hier andere Gefahren: Die Verlockung ist groß, ein Graduierungssystem zu schaffen, welches aus 20 bis 30 Stufen aufgebaut ist. Dann könnte man für jede einzelne Stufe eine kräftige Prüfungsgebühr erheben. Es darf aber nicht sein, dass ein Graduierungssystem zu einem Goldesel heranwächst und ausschließlich genutzt wird, damit Geld zu verdienen. Der Schüler sieht sich auf diese Art und Weise gezwungen, innerhalb kürzester Zeit Prüfung für Prüfung ablegen zu müssen, da er sonst nicht weiterkommt. Einige Verbände lehnen aus eben diesen Gründen jegliches Graduierungssystem ab. Anderen Organisationen ist ein Graduierungssystem nach unserer abendländischen Denkweise überhaupt nicht bekannt. Das liegt häufig an einer anderen kulturellen Struktur. So wissen wir, dass es Yip Man und unseren weiteren WingTschun Vorfahren fremd war, Graduierungen zu verteilen.
In der Leiter aufsteigenEs liegt in der menschlichen Natur, möglichst schnell nach oben kommen zu wollen. Das Erlernen der Programme ist mit einer Leiter vergleichbar. Die Sprossen sind die Schüler- und Lehrergrade. Kein Mensch möchte unten anfangen, sondern sofort oben stehen. Aber nur wer bereit ist, Schritt für Schritt die Sprossen einzeln hochzusteigen, der wird Erfolge erzielen. Wer sich dieser simplen Tatsache verweigert und zwei, drei Sprossen überspringen möchte, läuft Gefahr von der Leiter zu fallen. Aus diesem Grund und aus Rücksicht auf die unterschiedlichen Lebenssituationen der WT‑Rifo-Schüler werden Prüfungsgebühren so gering wie möglich gestaltet. Das Geld darf nicht die Hauptrolle spielen in der Frage, wie es möglich ist auf seinem Weg fortzuschreiten. Andererseits muss ein professioneller WingTschun Lehrender seine Entlohnung bekommen. Jeder Ingenieur oder Computerspezialist hat seine Honorarordnung oder seinen Stundensatz. Hinzu kommt, dass die Programme der WT‑Rifo-Graduierungen so fundamental und kompakt aufgebaut sind, dass ein 5. Schülergrad im Schnitt erst nach fünf Jahren erreicht werden kann. Das bedeutet, daß die Schüler in fünf Jahren nur fünfmal eine Prüfungsgebühr bezahlen müssen. Die Schüler dürfen nicht in den Glauben versetzt werden, höher graduiert zu sein, als sie tatsächlich sind. |
Graduierungen |